70:20:10: Wird das herkömmliche Verkaufstraining abgeschafft
Ein Ausblick in Kombination mit der Digitalisierung

In vielen Unternehmen und in Vertriebsorganisationen hat die Formel 70:20:10 Einzug gehalten und das mit erheblichen Auswirkungen auf die Weiterbildung der Mitarbeiter und letzten Endes auch auf den Erfolg des Unternehmens. Mit 70:20:10 sind die Formen des Kompetenzerwerbs der Vertriebs- und Verkaufsmitarbeiter der Verkaufsmannschaft gemeint. Mitarbeiter/innen im Vertrieb und Verkauf lernen demnach zu 70 % durch „leraning by doing“, zu 20 % durch Feedback von Kolleg/innen und Vorgesetzten und zu 10 % durch formale Lernarrangements. Die Studie, die dem Modell zugrunde liegt, ist aus dem Jahr 1996 (Lombardo und Eichinger) und die Ergebnisse, die auch aufgrund der Form der Erhebung heute als nicht evident bezeichnet werden können, liegen mittlerweile 21 Jahre zurück. Dennoch entscheiden sich zunehmend Personalabteilungen und die Personalentwicklungsabteilungen in Unternehmen für diesen Trend.

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung ist es durchaus möglich, dass sich eine neue vertriebliche Trainingskultur etablieren kann. Sicherlich wird es einen Unterschied machen, in welcher Branche Vertrieb stattfindet und welche Anforderungen an den konkreten Lernbedarf gestellt werden. Technische Vertriebe werden die Digitalisierung in Kombination mit dem 70:20:10 – Modell anders gestalten als Vertriebe in der Dienstleistungs-, -Handels und Finanzdienstleistungsbranche. Jede Branche hat ihre vertrieblichen Besonderheiten und Herausforderungen.

Das Modell des Kompetenzerwerbs mit fachlichen und persönlichen Vertriebs-Know-how in Zusammenhang mit den Möglichkeiten des digitalen Lerntransfers birgt auch große Chancen für Verkaufsmitarbeiter und Vertriebsorganisationen. Gehen wir die Themen richtig an, können tatsächliche alle profitieren. Gerade vertriebliche Trainingsmaßnahmen und Verkaufsschulungen haben das Ziel der positiven Verhaltensänderung der Mitarbeiter/innen im Vertrieb und Verkauf. Eine besondere Sorgfalt bei der Wahl der Maßnahme ist also angebracht.

Übertragen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung auf das Modell des Kompetenzerwerbs:

70 % „learning by doing“

Die Möglichkeiten des digitalen Lerntransfers sind bereits so gut ausgestaltet, dass ein gezielter Einsatz Positives für die Vertriebsorganisation bedeuten kann. Es können zum Beispiel gezielte Vertriebsimpulse über digitale Plattformen gegeben werden, die den Mitarbeitern dabei helfen ihre Vertriebsziele zu erreichen. Das kann in Form von Webinaren, Blinks und auch durch Webkonferenzen geschehen. Die Digitalisierung funktioniert problemlos über jede Entfernung und auf jedem Endgerät. Damit ein maximaler Erfolg erkennbar wird, sollten die Impulse nicht länger als 2 x 15 Minuten je Woche an Zeit beanspruchen. Für die Impulse sollte ein Zeitraum zwischen 4 und 6 Wochen gewählt werden, da immer auch eine Umsetzung / Übersetzung in die vertriebliche Arbeit stattfinden muss. Das setzt optimale und attraktive Tools so wie eine professionelle Vorbereitung voraus. Der Verkaufstrainer der Zukunft beherrscht die Möglichkeiten die die Digitalisierung bietet und kann die wichtige Unterstützung für die Arbeit und die Zielerreichung im Verkauf bieten.

20% „Feedback von Kolleg/innen und Vorgesetzten“

In modernen Vertriebsorganisationen hat sich bereits eine moderne Feedbackkultur etabliert. Das Feedback ist gerade im Verkaufstraining ein effektives Mittel, eine Verhaltensänderung beim „Coachee“, dem zu trainierenden Verkaufsmitarbeiter, zu erwirken. Wichtig ist es, dass das Feedback nicht wahllos und willkürlich erfolgt, sondern ein fester Bestandteil im vertrieblichen Arbeitsprozess wird. Durch die Digitalisierung können ebenfalls räumliche Distanzen überwunden werden und die zeitliche Effektivität erhöht werden.

Qualitativ gutes Feedback, das den Miterbeiter/innen und der Ergebnisqualität gerecht wird, braucht Struktur. Der Verkaufstrainer der Zukunft kann sich auf diesem Parkett sicher bewegen und fungiert als Prozessoptimierer des vertrieblichen Feedbackprozesses. Er bildet Vertriebsführungskräfte zu Coaches aus und leitet Mitarbeiter und Führungskräfte dazu an den kompletten Verkaufsprozess beim Feedback zu berücksichtigen.

10 % „formale Lernarrangements“

Ganz ohne Präsenztrainings geht es nicht. Auch die Schöpfer des 70:20:10-Modells haben angemerkt, dass die konkrete Aufteilung vom individuellen Entwicklungsstand der Mitarbeiter/innen und der jeweiligen Zielsetzung abhängen. Übertragen auf den Vertrieb bedeutet es, dass für Einsteiger im Verkauf und Vertrieb klassische Fachtrainings unabdingbar sind. Für Verkaufsprofis und Verkaufsexperten steht der Wissensaustausch mit anderen im Fokus.

Konklusion

Als Konklusion lässt sich aus der Kombination des 70:20:10-Modells mit der Digitalisierung folgern, dass die Mitarbeiter im Vertrieb optimaler im Tagesgeschäft unterstützt und die vertrieblichen Prozesse besser gestaltet werden können. Das Zusammenspiel aller Felder des Kompetenzerwerbs machen den gemeinsamen Vertriebserfolg aus. Der Vertrieb stellt sich mit den neuen Möglichkeiten zukunftsfähig auf und erlangt einen entscheidenden Marktvorteil. In welcher prozentualen Ausgestaltung das geschieht, ist dabei nicht wesentlich. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung in der Vertriebsorganisation ist zusätzlich die Erhebung des konkreten Lernbedarfs. Bislang wird der vertrieblichen Kompetenzanalyse noch zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei stecken gerade in einer sorgfältigen Analyse zusätzliche Chancen auch in volatilen Märkten Marktanteile zu sichern oder zu erhöhen. Das wichtigste Kapital von Vertriebsorganisationen bleibt zu guter Letzt der Mensch.